3.2 Friedrich I.

3.2 Friedrich I.

Der neue Landeshauptmann der Mark, Friedrich von Nürnberg, hat sich die Stellung, die ihm verliehen worden war, in Wirklichkeit erst selbst erobern müssen. Der Ritter Wend von Ileburg (Eulenburg), den er im Jahre 1411 voraussandte, um die Einlösung der Pfandschaften vorzubereiten, stieß auf trotzigen Widerstand bei dem Adel und vermochte gar nichts auszurichten. Man spottete in den Kreisen der märkischen Junker über den „Nürnberger Tand“, der ihnen ins Land geschickt werden solle. Als dann Friedrich selbst mit einem ansehnlichen Gefolge von fränkischen Rittern und Knechten im Juni 1412 in der Mark erschien, wurde er zwar von den Städten, Brandenburg, Berlin und Cölln, Spandau, mehr oder minder willig aufgenommen und erlangte auch von den Ständen der Mittelmark, die er am 10. Juli zu einem Landtag in Brandenburg versammelte, die Huldigung (übrigens wieder mit dem charakteristischen Beisatze: „zu seinem Gelde“), aber die Altmärker und Priegnitzer unter Führung von Caspar Gans zu Putlitz hielten sich fern, und auch viele Edelleute der Mittelmark, namentlich die Quitzows und ihr Anhang, verharrten in trotzigem Widerstand und wollten vor allem nicht in die Wiedereinlösung der ihnen verpfändeten markgräflichen Schlösser und Besitzungen willigen; aus diesen Kreisen wurde das Wort bekannt, dass einer der Ouitzow gesprochen hatte: „Und wenn es ein Jahr lang Nürnberger regnete, so wollten sie ihre Schlösser doch wohl behalten.“ Der Burggraf trat diesem Widerstande mit klug berechnender Vorsicht entgegen und suchte vor allem erst die Verbindung der Gegner mit ihren auswärtigen Freunden, den Nachbarn der Mark, abzuschneiden. Namentlich waren es die Herzöge von Pommern=Stettin, Kasimir und Otto, die Söhne des alten Herzogs Swantibor, des ehemaligen Landeshauptmanns Jobsts von Mähren, die, im Pfandbesitz der Uckermark, zugleich auch über die angrenzenden Teile der Mark im Einverständnis mit den Quitzows eine Art von obrigkeitlicher Stellung in Anspruch nahmen, wie sich mit dem Ansehen des neuen Landeshauptmanns nicht verträglich war. Am 24. Oktober 1412 kam es zwischen ihnen und der fränkischen Mannschaft des Burggrafen zu einem Treffen bei dem Kremmer Damm, in dem einer der hervorragendsten unter den fränkischen Herren, die dem Burggrafen in die Mark gefolgt waren, Hans von Hohenlohe, den Tod fand; Friedrich hat ihn in der Klosterkirche zu Berlin beisetzen lassen und ihm eine noch erhaltene Gedenktafel gestiftet. Wichtiger noch als dieser Zusammenstoß, der immerhin die Pommern von weiteren Unternehmungen vorläufig abgehalten hat, war es, das Friedrich es verstand, durch geschickte Verhandlungen eine Anzahl der benachbarten Fürsten auf seine Seite zu bringen.

Dabei kam ihm zustatten, dass einer der Nachbarn, Herzog Rudolf von Sachsen, der in guten Beziehungen mit König Sigmund stand, von vornherein auf seine Seite getreten war — ein Bundesverhältnis, welches dadurch noch bekräftigt wurde, das der älteste Sohn des Burggrafen mit einer Tochter des Kurfürsten verlobt wurde. Von da aus kam man bald weiter. schon am 9. September 1412 war ein Vertrag mit dem Erzbischof von Magdeburg geschlossen worden, der sich auf zwei Jahre zur Hilfeleistung gegen den widerspenstigen Adel verpflichtete; eine ähnliche Zusage machte Herzog Bernhard von Braunschweig-Lüneburg, der durch ein Jahrgeld von König Sigmund gewonnen war; auch mit den Herzögen von Anhalt, von Mecklenburg, von Pommern-Wolgast, von Glogau wurden Bündnisse, zum Teil in der damals üblichen Form ritterlicher Dienstverträge, geschlossen. Nachdem er sich so gestärkt, trat Friedrich entschiedener gegen die Rebellen auf und brachte sie zu Anfang des Jahres 1413 wirklich dahin, dass sie sich zu einer Art von Vergleich bequemten, selbst Caspar Gans zu Putlitz und Hans von Quitzow. Sie erkannten den Burggrafen als Landeshauptmann an und willigten in die Einlösung einiger Pfandschaften, indem sie das übrige festhielten. Während so der Burggraf auf die Durchführung seines ursprünglichen Planes, alle verpfändeten Städte und Schlösser einzulösen, verzichtete — wozu ohnehin seine Geldmittel nicht ausreichten — gaben die Vasallen ihren grundsätzlichen Widerstand gegen ihn auf; ja, sie halfen ihm sogar bei der Eroberung und Zerstörung des Schlosses von Trebbin, von wo aus die Herren von Maltitz das Land durch Raub und Brand beschädigt hatten. Indessen der Friede währte nicht lange, weil die Junker von ihrem alten gesetzlosen Treiben nicht abließen. Eine Fehde, die Putlitz und die Quitzows gegen das dem Magdeburger Erzstift zugehörige Kloster Zinna erhoben, brachte sie bald auch mit dem Burggrafen wieder in ärgeren Gegensatz als zuvor; im Bunde mit dem Erzbischof Günther und dem Herzog Rudolf von Sachsen ging nun Friedrich, noch im Winter des Jahres 1414, gegen die Hauptschlösser der Rebellen vor, wobei ihm die damals als Belagerungsgeschütze eben in Aufnahme gekommenen großen „Donnerbüchsen“, die mit Pulver geladen wurden und Steinkugeln schossen, vortreffliche Dienste leisteten, namentlich eine besonders große Büchse, die ihm vielleicht durch Vermittlung seines Vetters, des Großkomturs Friedrich von Zollern, vom Deutschen Orden geliehen war und die die märkischen Bauern, denen der Transport oblag, wegen der Schwerbeweglichkeit die „faule Grete“ zu nennen pflegten. Im Februar 1414 wurde das feste Schloss Friesack erobert, dessen Inhaber, Dietrich von Quitzow, durch die Flucht entkam; dann folgte Golzow, dessen Besitzer, Haus von Rochow, im Bußgewande mit einem Strick um den Hals, die Gnade des Burggrafen anrufen musste. Noch größeren Eindruck machte die Eroberung von Plaue, das mit seinen 14 Fuß dicken Mauern für unüberwindlich gehalten worden war; Johann von Quitzow, der es verteidigte, wurde beim Fluchtversuch in einem der Rohrsümpfe, die das Havelschloss umgaben, gefangen genommen; endlich fiel noch Beuthen, neben Friesack und Plaue das Stärkste der Quitzowschen Schlösser. In der Altmark, wohin sich Friedrich selbst nach der Bezwingung der mittelmärkischen Vasallen gewandt hatte, wurde der Widerstand der Ritterschaft durch die Einnahme des alvenslebenschen Schlosses Gardelegen gebrochen; die Autorität des Landesverwesers wurde auch hier, wo die Selbstherrlichkeit der Vasallen besonders stark gewesen war, mit schuldiger Ehrerbietung anerkannt.

Es war ein Wendepunkt in dem Verhältnis von Landesfürstentum und Adel: es zeigte sich, das auch die festesten Schlösser gegenüber den neuen Belagerungsgeschützen, über die die Fürsten verfügten, keinen Schutz mehr gewährten für einen selbständigen, der Eingliederung in den landesfürstlichen Territorialverband trotzig widerstrebenden Feudaladel; ein bedeutender Schritt zur festeren Begründung des territorialen Fürstenstaats war damit getan. Der Widerstand des Adels war jetzt gebrochen, zumal auch Caspar Gans zu Putlitz schon vorher in Gefangenschaft geraten war. Am 20. März 1414 konnte Friedrich auf einem allgemeinen Landtage zu Tangermünde Gericht über die Rebellen halten und eine Landfriedensordnung verkünden, die wieder den Grund zu geordneten Zuständen legen sollte. Das Hausen und Hegen von Friedbrechern wurde darin für ein strafwürdiges Verbrechen erklärt; ein Ritter Werner von Holzendorff, der trotzdem den geflüchteten Dietrich von Quitzow auf seinem Schlosse Bötzow aufgenommen hatte, wurde alsbald dieser Bestimmung gemäß, da er vor dem Berliner Hofgericht nicht erschien, zum Verlust seiner Güter verurteilt. Alle Stände des Landes verpflichteten sich zu Abwehr und Verfolgung der Räuber und zur gegenseitigen Hilfeleistung gegen jeden Friedensbruch. Die bewaffneten Gefolge wurden unter obrigkeitliche Kontrolle gestellt: wer dergleichen halten wollte, musste binnen Monatsfrist dem Landeshauptmann eine Liste der in seinem Dienst stehenden bewaffneten Leute einreichen und wurde für deren Verhalten verantwortlich gemacht. Um den Beschädigten zu ihrem Recht zu verhelfen und die Friedbrecher zu strafen, wurde die zum Teil ganz abgekommene Abhaltung der ordentlichen Hof- und Landgerichte in den verschiedenen Teilen des Landes wieder angeordnet. 

Nachdem so der Grund zur Befriedung des Landes gelegt war, ließ Friedrich seine kluge und energische Gemahlin in der Mark zurück, um weiterhin auf Beobachtung der Ordnung zu sehen, unter dem Beistand des Berliner Propstes Johann von Waldow, der bald darauf Bischof von Brandenburg geworden ist. Er selbst begab sich im September nach Nürnberg zu König Sigmund, der, eben aus Italien zurückgekehrt und ungehalten über den Mangel an Entgegenkommen, den er bei den Fürsten des Reiches gefunden hatte, schon im Begriff war, sich nach Ungarn zurückzuziehen, als es dem Burggrafen gelang, teils durch persönliche Einwirkung auf ihn selbst, teils durch Verhandlungen mit den Fürsten die Lage so zu verändern, das Sigmund vielmehr nach Aachen zur Krönung gehen konnte, die am 8. November 1414 vollzogen wurde, und von da nach Konstanz, wo inzwischen das von Sigmund lange vorbereitete Konzil zusammengetreten war, von dem er die Beseitigung des Schismas und die Einleitung einer Reform der Kirche und des Reichs erwartete und dessen Vorsitz er nun aus königlicher Machtvollkommenheit selbst übernahm. Hier hat nun Friedrich der Sache des Königs einen neuen wichtigen Dienst geleistet, der mit den Schwierigkeiten der Konzilspolitik zusammenhing. Papst Johann XXIII., der schon halb und halb in seine Abdankung gewilligt hatte, ohne die eine Wiederherstellung der kirchlichen Einheit nicht möglich schien, war am 20. März 1415 von Konstanz entflohen und hatte sich unter den Schutz des Tiroler Herzogs Friedrich gestellt, dessen vorderösterreichisches Gebiet die Konzilsstadt umgab; der ganze Erfolg des Konzils schien dadurch in Frage gestellt. Da hat der Burggraf Friedrich, zum Feldhauptmann des Königs ernannt, mit Hilfe anderer Fürsten und der schweizerischen EidGenossenschaft in einem kurzen Feldzuge den Erzherzog Friedrich gezwungen, sich dem König zu unterwerfen und auf den Schutz des Papstes zu verzichten, so dass dieser sich genötigt sah, wieder nach Konstanz zurückzukehren und dem Konzil seinen Lauf zu lassen. Zum Dank für dieses neue Verdienst um König und Reich und ebenso auch in Anerkennung des erfolgreichen Vorgehens gegen die widerspenstigen Vasallen in der Mark entschloss sich jetzt Sigmund, dem Burggrafen, den er nicht anders belohnen konnte, auch die markgräfliche und kurfürstliche Würde einzuräumen, die er bisher noch sich und seinem Hause vorbehalten hatte. Es geschah am 30. April 1415. In der darüber ausgestellten Urkunde wird freilich noch die Möglichkeit einer Rücknahme der Verleihung, in ähnlicher Weise wie 1411, unter der Bedingung vorheriger Ausbezahlung einer Summe von 400 000 Gulden ins Auge gefasst; auch erkannte Friedrich in einer Gegenerklärung vom 3. Mai 1415 an, das beim Erlöschen seines Hauses oder in dem Falle, das er selbst zum römischen König gewählt werden sollte, die Kur und Mark Brandenburg an das luxemburgische Haus zurückfalle — allein alle diese Bedingungen und Möglichkeiten lagen außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit und zeigen nur, wie schwer doch schließlich dem König der endgültige Verzicht auf dieses wichtige Stück des luxemburgischen Hausbesitzes geworden ist. Das von einem Darlehen des Burggrafen an den König auch hier wieder keine Rede sein kann, bedarf kaum noch der Erwähnung. Es handelt sich um einen Akt politischer Dankbarkeit, und außerdem spielte bei diesem Entschluss für Sigmund die Erwägung eine Rolle, dass es die Führung der Reichsregierung erleichtern werde, wenn eine der beiden damals ruhenden Stimmen des Kurfürstenkollegiums (für Böhmen und Brandenburg, die beide in königlichem Besitz waren) wieder in Wirksamkeit gesetzt werde, so das den drei geistlichen Stimmen ebenso viel weltliche gegenüberstanden; die politische Zuverlässigkeit seines altbewährten Gehilfen nahm Sigmund dabei wohl als selbstverständlich an; übrigens waren diesem noch allerlei Verpflichtungen zugunsten des luxemburgischen Hauses für den Fall einer zukünftigen Kaiserwahl auferlegt worden.

Während nun Sigmund sich aufmachte, um zur Beförderung seiner konziliaren Bestrebungen Spanien, Frankreich, England und die Niederlande zu bereisen — eine Reise, die ihn anderthalb Jahre vom Reiche ferngehalten hat — blieb es Friedrich überlassen, seine Anerkennung bei den Kurfürsten, bei König Wenzel und in der Mark selbst durchzusetzen. Am leichtesten gelang es ihm, die Willebriefe der Kurfürsten zu erlangen, die ihn gern als einen ihresgleichen in ihren Kreis aufnahmen; am schwersten hielt es, den Unmut König Wenzels zu beruhigen, der schon wegen der Hinrichtung Hussens, dem Sigmund freies Geleit gewährt hatte, mit seinem Bruder zerfallen war. Nur mit Mühe gelang es dem Burggrafen bei einem Aufenthalt in Prag im Jahre 1416, einen offenen Zwist der beiden Brüder zu verhüten und den König davon abzuhalten, gegen seine Erhebung zum Kurfürsten von Brandenburg ausdrücklich Einspruch zu erheben; zugestimmt aber hat König Wenzel diesem Akt seines Bruders, der die Mark dem luxemburgischen Hausbesitz entfremdete, niemals. In der Mark Brandenburg selbst ergaben sich noch manche Schwierigkeiten. Dietrich von Quitzow war zu den Herzögen von Stettin gegangen und hatte im Bunde mit diesen die Raubeinfälle in das Gebiet der Mark erneuert. Es bedurfte erst einer Achtserklärung des Reiches gegen die pommerschen Herzöge, um diesem Treiben ein Ende zu machen; dann aber gelang es Friedrich, mit ihnen eine Vereinbarung zu treffen und auch einen Teil der in ihren Händen befindlichen Uckermark wieder einzulösen.

Die Huldigung in der Mark selbst erfolgte auf einem Landtage zu Berlin am 21. Oktober 1415, obwohl König Sigmund als der frühere Markgraf die Stände der ihm geleisteten Pflicht noch nicht in aller Form entbunden hatte. Diese neue Huldigung geschah ohne jenen früheren Zusatz, der auf die Geldverschreibung Rücksicht nahm, als eine „rechte Erbhuldigung“. Damit hatte die Dynastie der Hohenzollern endgültig Wurzel in der Mark Brandenburg gefasst. Der Widerstand des niedergeworfenen Adels beruhigte sich allmählich. Die Putlitz und Rochow wurden in ihre Güter wiedereingesetzt. Auch mit den Quitzows wurde später ein Abkommen getroffen, auf Grund dessen sie die neue Ordnung der Dinge anerkannten. Friedrich hat dabei ebenso viel Weisheit und Mäßigung wie zu Anfang Nachdruck und Energie gezeigt. Nicht schlechthin auf gewaltsamer Unterwerfung, sondern auch auf Zugeständnissen und Verträgen beruhte das neue Verhältnis der Hohenzollern zu dem Adel der Mark Brandenburg, und es war von Wichtigkeit, dass der Rat und die Vermittlung der Landstände dabei eine Rolle gespielt hat. Auf dem Landtage von 1416 ist dem neuen Kurfürsten die erste außerordentliche Landbede bewilligt worden.

Inzwischen war König Sigmund von seiner großen Auslandreise zurückgekehrt, um den Vorsitz auf dem Konzil wieder zu übernehmen, und auch Kurfürst Friedrich begab sich im Herbst 1416 wieder zu ihm nach Konstanz. Am 18. April 1417 hat dort seine feierliche Belehnung mit der Kurmark und der Würde des Erzkammermeisters stattgefunden. Im November 1417 hat er das Konklave gehütet, aus dem Papst Martin V. als neuer allgemein anerkannter Papst hervorgegangen ist. Dann begab sich König Sigmund nach glücklicher Beendigung des Konzils in sein ungarisches Reich, wo die Abwehr der Türkeneinfälle seine persönliche Anwesenheit notwendig machte. Das Reichsvikariat aber für die Zeit seiner Abwesenheit übertrug er (2. Oktober 1418) dem Kurfürsten von Brandenburg — ganz gegen das Herkommen, da nach alter Übung Pfalz oder Sachsen das nächste Anrecht darauf hatten. In dieser Stellung hat Friedrich manche Streitigkeiten im Reich geschlichtet, auch eine neue Münzordnung erlassen und den von Papst Martin V. bewilligten Zehnten für das Reich eingehoben. Dem großen Unheil aber zu wehren, das eben damals von Böhmen her drohend heraufzog, ist ihm nicht gelungen. Der hussitische Aufstand, der 1419 in Prag ausbrach und durch den König Wenzel dermaßen erschüttert wurde, das er einem Schlagfluß erlag, war auch der Nachfolge Sigmunds in Böhmen hinderlich: denn niemand war dort verhasster als der römische König, der dem Meister Hus das zugesagte freie Geleit nicht gehalten hatte. Andererseits erwiderte Sigmund die feindliche Gesinnung der Hussiten von ganzem Herzen, und auf dem Reichstag zu Breslau 1420 hat er den Plan eines Kreuzzuges gegen sie mit allem Eifer vertreten. Vergebens riet der Kurfürst von Brandenburg von diesem verhängnisvollen Unternehmen ab: es wurde beschlossen und ins Werk gesetzt. Friedrich aber wurde eben damals von einer dringenden Gefahr abberufen, die seinen kurmärkischen Landen drohte.

Im Jahre 1419 hatte sich ein großes nordisches Bündnis gegen Brandenburg gebildet, an dem außer den nächsten Nachbarn, dem Erzbischof von Magdeburg, den Herzogen von Pommern und Mecklenburg auch Polen und der skandinavische Unionskönig Erich von Pommern beteiligt waren. Der Anlass dazu lag wohl in den Wiederherstellungs- und Ausdehnungsplänen Brandenburgs, wie sie bei der Belehnung hervorgetreten waren: die Mark war dem Hohenzollern nicht ohne tiefere Bedeutung mit allen ihren Rechten übertragen worden, und zu diesen wurde auch die alte, einst von Kaiser und Reich übertragene Lehnshoheit über Pommern gerechnet, trotz des Verzichtes der bayerischen Dynastie, deren Akte von dem luxemburgischen König anscheinend nicht anerkannt worden sind; in der gleichzeitigen Belehnung der Pommernherzöge wurde der brandenburgischen Lehnsherrlichkeit ausdrücklich Erwähnung getan. Die Durchführung dieses Anspruches hat allerdings König Sigmund ebenso wie die Behauptung seiner Stellung in der Mark überhaupt dem Kurfürsten selbst lediglich überlassen. Es ist vielleicht zu modern gesprochen, wenn man Friedrich I. die Absicht zugeschrieben hat, einen großen nordostdeutschen Staat zu gründen; jedenfalls aber handelte es sich für ihn darum, die Ausdehnung und Machtstellung der Mark, wie sie unter den Askaniern gewesen war, so viel wie möglich wiederherzustellen und damit Macht und Ansehen seines Hauses zu vermehren. Zu einer eigentlichen Staatsbegründung hätte eine festere Durchführung des Unteilbarkeits- und Primogenitur-Prinzips (Primogenitur von lateinisch primus „Erster“, und genitus „geboren“: Erstgeborenen-Nachfolgeordnung) bezeichnet fachsprachlich die Ordnung der Erbfolge, nach der nur das erstgeborene Kind das Erbe und die Rechtsnachfolge einer verstorbenen Person antritt, während dessen jüngere Geschwister unberücksichtigt bleiben. Erbe und Rechtsnachfolger des erstgeborenen Kindes ist wieder dessen erstgeborenes Kind. Nur wenn eine verstorbene Person bei ihrem Tod keine Nachkommen hinterlässt, kann der älteste noch lebende Bruder bzw. die älteste noch lebende Schwester der verstorbenen Person deren Rechtsnachfolge antreten.) gehört, als er sie selbst für die Kurmark Brandenburg — trotz der Goldenen Bulle! — später für gut befunden hat.

Er bleibt in dieser Hinsicht durchaus in den patrimonialen Traditionen der damaligen deutschen Fürstenwelt. Aber auch so erweckten diese Bestrebungen den einmütigen Widerstand der näheren und ferneren Nachbarn, die das Erstarken Brandenburgs verhindern wollten, weil es eine Machtverschiebung zu ihren Ungunsten bedeutet haben würde. Diese Bedrohung der Mark Brandenburg hat den Kurfürsten gehindert, sofort und mit ganzer Kraft an dem Kampf gegen die Hussiten Anteil zu nehmen, zu dem König Sigmund damals auf dem Reichstage zu Breslau Vorbereitungen traf. Er wandte sich zuerst gegen die Feinde im Norden. Mit überraschender Schnelligkeit von Schlesien her anrückend, schlug er Mitte März 1420 einen Angriff der Mecklenburger zurück, denen er die Grenzfesten Dömitz und Gorlosen entriss, dann zog er nach der Uckermark und siegte über Pommern und Polen in einem berühmten, im Volkslied besungenen dreitägigen Kampfe bei Angermünde (25.—27. März), durch den er Schloss und Stadt und bald darauf das ganze Land den Gegnern abgewann. Märkische Vasallen wie die Bredow, Schulenburg, Alvensleben, Uchtenhagen haben sich hier den Ritterschlag verdient.

Es war ein ereignisreiches Jahr für Friedrich. In Franken starb damals sein Bruder Johann, ohne Erben zu hinterlassen; auch das Fürstentum über dem Gebirg fiel ihm damit zu. Er konnte es nicht selbst in Besitz nehmen und sandte seine Gemahlin mit dem ältesten Sohne Johann dorthin. Der schlimme Familienzwist in dem bayerischen Hause, aus dem die Kurfürstin stammte, zog auch ihn in Mitleidenschaft. Der Herzog Ludwig der Bärtige von Bayern-Ingolstadt, der seinem Landshuter Vetter verfeindet war, hatte seinen heißen Hass auf ihn als dessen Freund und Berater übertragen; ohnehin gönnte er ihm die Mark nicht, die einst seinem Hause so listig entwendet worden war. Eben in diesem Jahre 1420 schleuderte er giftige Schmähbriefe gegen ihn, suchte ihm überall Feinde zu erwecken und seinen Ruf zu schädigen; in seine fränkischen Besitzungen fiel er mit Übermacht ein, und der Angriff konnte bei der Abwesenheit des Burggrafen nicht wirksam zurückgewiesen werden; die Nürnberger Burg der Hohenzollern ist dabei in Flammen aufgegangen.

Der Markgraf war inzwischen bemüht, seinen Sieg in der Mark durch Verhandlungen auszunutzen. Es gelang ihm, unter Vermittlung von Braunschweig, Magdeburg und Meißen auf seine Seite zu bringen und mit Pommern und Mecklenburg einen Waffenstillstand auf drei Jahre zu schließen. Der gefährlichste Feind war Polen, wo Wladislaw Jagello herrschte. Aber gerade mit diesem Herrscher, der damals auch König Sigmund zum Frieden mahnte, verstand Friedrich in den an den Waffengang sich anschließenden Verhandlungen ein näheres Verhältnis anzuknüpfen, das für seine Stellung zu König Sigmund verhängnisvolle Folgen nach sich ziehen sollte. Nach vorläufigen Verabredungen im Jahre 1420 kam es bei einem Besuch des Markgrafen in Krakau zu Ostern 1421 zur Verlobung seines zweiten, damals siebenjährigen Sohnes Friedrich mit der ebenfalls noch in kindlichem Alter stehenden Tochter des Polenkönigs Hedwig. Es war eine Familienverbindung, an die sich für Brandenburg große Aussichten knüpften. König Wladislaw hatte keine Söhne und hatte das 60. Jahr bereits überschritten. Man nahm für den Fall, dass bei seinem Tode kein männlicher Erbe vorhanden wäre, die Nachfolge des Hohenzollernsprösslings in Aussicht. Der junge Fürst wurde am polnischen Hofe zu Krakau erzogen. Damit erfuhr auch das Verhältnis des brandenburgischen Kurfürsten zum Deutschen Orden, mit dem König Wladislaw in sehr gespannten Verhältnissen lebte, eine durchgreifende Wandlung. Es war bisher zwar kein enges, aber immerhin ein freundliches gewesen, obwohl der Orden den Pfandbesitz der Neumark mit Zähigkeit festhielt und das Angebot der Wiedereinlösung durch den Kurfürsten abgelehnt hatte. Das brandenburgische Territorialinteresse führte jetzt zu einem förmlichen Bündnis des Kurfürsten mit dem König von Polen gegen den Orden.

Diese Wendung war eigentlich nicht im Widerspruch mit der Politik König Sigmunds, wie sie bis dahin gewesen war: er hatte in den Streitigkeiten zwischen Polen und dem Orden zuletzt mehr auf Seiten Wladislaws gestanden und hatte auf dessen Veranlassung auch übernommen, einen Schiedsspruch zu fällen, von dem alle Welt erwartete, dass er zu Polens Gunsten ausfallen werde. Aber seit dem Tode König Wenzels (1419) war sein Hauptinteresse darauf gerichtet, seine Nachfolge in Böhmen gegen die Hussiten durchzusetzen, und dafür brauchte er den guten Willen der Reichsstände, die in ihrer Mehrzahl auf der Seite des Ordens gegen Polen standen. Darum entschied er zur allgemeinen Überraschung gegen Polen und zog sich dadurch die tödliche Feindschaft des Königs Wladislaw zu, eben in der Zeit, wo die vorläufigen Verabredungen zwischen diesem und dem Kurfürsten getroffen worden waren. Schon im Winter 1420/21 hatte Friedrich seinem alten Herrn und Gönner eine vorläufige Mitteilung über den Plan der Familienverbindung gemacht; damals hatte Sigmund noch nicht mit Entschiedenheit Einspruch dagegen erhoben; aber als dann die Feindschaft mit Polen sich verschärfte und Sigmund nun auch — nicht ohne Grund — argwöhnte, dass das jagiellonische Haus in Verbindung mit seinen hussitischen Gegnern selbst nach der böhmischen Krone strebe, da sah er in der Verbindung des Kurfürsten mit dem Polenkönig einen Akt entschiedener Feindseligkeit, eine offene Absage gegen sich selbst. In einem uns erhaltenen Briefe vom 28. Februar 1421 überhäufte er seinen alten Günstling mit Vorwürfen, indem er ihm die erwiesenen Wohltaten vorhielt und ihn auf das dringendste von einer Verbindung abmahnte, die seinen heiligsten Verpflichtungen zuwider sei. Aber Kurfürst Friedrich konnte nicht mehr zurück; er hielt an der Verabredung mit Wladislaw fest und ging zum Abschluss des Bündnisses nach Krakau. Er wollte dadurch vor allem auch eine Verbindung zwischen Polen und Pommern verhüten, die ihm in seiner brandenburgischen Machtsphäre verderblich hätte werden müssen; zugleich hielt er auch wohl diese Politik für das beste Mittel, die Polen von einer tätigen Unterstützung des böhmischen Aufstandes abzuhalten. Er suchte zwischen Sigmund und seinem polnischen Verbündeten zu vermitteln; aber als dieser Versuch fehlschlug und die Ungnade des Königs unvermeidlich schien, da wandte sich der Kurfürst entschlossen auf die Seite der reichsständischen Opposition gegen Sigmund. Auf dem Reichstage von Nürnberg 1422 musste sich der König, der die Reichsstände für den Hussitenkrieg brauchte, ganz dem Machtwillen der Kurfürsten unterwerfen und sogar seine Zustimmung dazu geben, das der ihm jetzt verhasste Brandenburger, als der tüchtigste Mann, über den man verfügte, an die Spitze des Reichsheeres gestellt wurde.

Es war nicht Friedrichs schuld, dass der Feldzug im Herbst des Jahres 1422 mit einem entschiedenen Misserfolg endete; aber es konnte nicht ausbleiben, das sein Ansehen im Reiche dadurch litt, und König Sigmund zögerte umso weniger, sich bei der ersten Gelegenheit an dem alten Günstling zu rächen. Als im Herbst 1422 der Kurfürst Albert von Sachsen gestorben war, der letzte männliche Spross des sächsischen Askanierhauses, der Oheim jener Barbara, die 1416 mit dem ältesten Sohne Friedrichs vermählt worden war, da glaubte er auf die Übertragung des Kurlandes an eben diesen seinen Sohn Johann rechnen zu dürfen. Das wäre eine umso bedeutendere Verstärkung der zollernschen Hausmacht gewesen, als das Gebiet von Wittenberg sich unmittelbar an das der Mark im Süden anschloss. Aber eben das wollte der König vermeiden; er gab das erledigte Lehen am 6. Januar 1423 vielmehr an den Markgrafen Friedrich den Streitbaren von Meißen, von dessen Kurwürde dann auch auf den wettinischen Länderkomplex der Name des Kurfürstentums Sachsen übertragen worden ist. Es war eine Entscheidung von großer Tragweite; sie hat Sachsen auf lange Zeit hinaus zum überlegenen Rivalen von Brandenburg gemacht. sie erweiterte natürlich auch die Kluft zwischen Friedrich und seinem ehemaligen Gönner, zumal nun Sigmund mit dem König von Polen wieder in Beziehung trat und ihn — zunächst allerdings noch vergeblich — von dem brandenburgischen Bündnis abzuziehen suchte. Friedrich verstärkte demgegenüber die reichsständische Opposition gegen den König durch das Gewicht seiner Persönlichkeit. Er war unter den Mitgliedern des Binger Kurvereins vom 17. Januar 1424, der die Reichsregierung an das Kurfürstenkollegium bringen und dem König neben diesem nur eine beratende Stimme zugestehen wollte. Dagegen stellte sich Sigmund rückhaltlos auf die Seite der nordischen Gegner des Brandenburgers, die nun wieder das Haupt erhoben, und verlieh den Herzögen von Pommern die von ihnen begehrte, von Friedrich bisher siegreich behauptete Uckermark (17. Februar 1424).

Es war der offene Bruch. Vermittlungsversuche scheiterten. Sigmund verlangte, dass der Brandenburger auf die Teilnahme am Kurverein und auf das polnische Bündnis sowie auf die Familienverbindung mit dem jagellonischen Hause verzichten solle. Friedrich weigerte sich; aber die Vorteile seiner Stellung schwanden rasch einer nach dem andern dahin. Der Kurverein zerfiel; die Aussichten des Verlöbnisses zerrannen, als dem alternden Polenkönig von seiner vierten Gemahlin im Oktober 1424 ein Sohn geboren wurde, dem noch weitere folgten; endlich versagte auch das polnische Bündnis in dem Moment, wo es für Friedrich von Wert hätte werden können.

Im Frühjahr 1425 erneuerten die alten Gegner Brandenburgs, namentlich Pommern und Mecklenburger, den Krieg; zu ihnen gesellte sich diesmal auch der Orden und schließlich sogar Polen. Der Kurfürst von Brandenburg wurde also trotz des Krakauer Bündnisses von den Polen nicht bloß im Stich gelassen, sondern geradezu bekämpft. Auch seine Verbindungen im Reich versagten. Der Krieg nahm diesmal eine für Friedrich verhängnisvolle Wendung. Die Gegner waren in die Uckermark eingefallen und hatten Prenzlau genommen; er vermochte es nicht zurückzuerobern; und als er das feste Schloss Vierraden, das den Oderpass bei Schwedt beherrscht, zu belagern begann, erschienen die Feinde in solcher Übermacht, das er, zumal er sich der eigenen Mannschaft nicht sicher fühlte, die Belagerung aufgab und unter Preisgabe seiner Büchsen und seines Sturmzeugs einen eiligen Rückzug antrat (November 1425).

Es war ein völliger Misserfolg; und es scheint, das dem Kurfürsten der Aufenthalt und die persönliche Führung des Regiments in der Mark dadurch verleidet worden ist. Er legte auf dem Landtag zu Rathenow im Januar 1426 die Regentschaft in die Hände seines ältesten Sohnes Johann und ging nach Wien, wo die Kurfürsten mit dem König in Beratung treten wollten. Dort ist unter Vermittlung des Kurfürsten von Sachsen, des österreichischen Herzogs Albrecht, Sigmunds Schwiegersohns, der bayerischen Schwäger und anderer Fürsten im März 1426 eine Aussöhnung des Kurfürsten mit dem König zustande gekommen. Sie beruhte darauf, dass Friedrich sich entschloss, in allen Punkten nachzugeben, was schon durch die veränderte Lage geboten war, während Sigmund jetzt auf die weitere Unterstützung seines bayerischen Widersachers verzichtete. 1427 wurde mit Pommern zu Neustadt-Eberswalde, mit Mecklenburg zu Templin ein Friede geschlossen, in dem zwar die Prignitz und die Uckermark in der Hauptsache von Brandenburg behauptet, die Frage der brandenburgischen Lehnsherrlichkeit aber dem Schiedsspruch des Königs anheimgestellt wurde. Tatsächlich ist später von einer Lehnsherrlichkeit über Pommern ebenso wenig mehr die Rede gewesen wie von der Einlösung der Neumark; vielmehr hat König Sigmund dem Deutschen Orden 1429 den Besitz der Neumark noch einmal ausdrücklich für alle Zukunft bestätigt.

Seit 1426 hat Kurfürst Friedrich den Boden der Mark Brandenburg nicht mehr betreten. Der Rest seiner Lebensarbeit gehörte seinen fränkischen Landen, die er ja nun in ihrer ganzen Ausdehnung beherrschte, und daneben namentlich wieder den Reichsangelegenheiten. Man könnte sagen: er kehrte zu den alten Traditionen seines Hauses zurück, nachdem seine Ausdehnungspläne in der Mark und im nordöstlichen Deutschland überhaupt gescheitert waren. Wir finden ihn fast auf allen Reichstagen in hervorragender Weise für die Sache der Reichsreform tätig, die damals das allgemeine Interesse in Anspruch nahm. Ganz besonders aber tritt seine Tätigkeit in der Führung und Beendigung der Hussitenkriege hervor. Obwohl er — im Gegensatz zu König und Papst — von vornherein ein Gegner der Kreuzzugspolitik war, hat er doch an allen Feldzügen gegen die Hussiten — mit alleiniger Ausnahme des ersten von 1420 — selbst teilgenommen, mehrmals, wie 1422, so auch noch 1427 und 1431, als oberster Befehlshaber des Reichsheeres. Er musste sich in dieser Stellung von der Unzulänglichkeit der zur Verfügung stehenden Truppen auf das gründlichste überzeugen; sie waren weder an Zahl so bedeutend, wie oft fälschlich angegeben wird, noch in Disziplin und Fechtweise den hussitischen Heeren gewachsen. In ihrem religiösen Fanatismus, ihrem zusammenhaltenden Stammes- und Gemeindegefühl, ihrer demokratisch-diktatorischen Verfassung besaßen diese nicht nur treffliche Faktoren militärischer Disziplin, sondern auch eine gewaltige kriegerisch moralische Stoßkraft, die durch große Führer wie Ziska und Prokop noch erheblich gesteigert wurde, und die sie mit ihren einfachen, volkstümlichen Waffen und ihren Wagenburgen der veralteten Taktik der Ritterheere im offenen Felde weit überlegen gemacht hat, während die Städte im Schutz ihrer Mauern sich dieser Gegner im allgemeinen zu erwehren vermocht haben. Nur die Aufstellung eines großen, disziplinierten Reichsheeres von regelmäßig gelöhnten Söldnern und eine jahrelange Übung in der Kriegführung hätte es möglich gemacht, den hussitischen Aufstand mit Waffengewalt niederzuwerfen. Aber dazu gehörte eine umfassende und tiefgreifende Heeres- und Finanzreform, wie sie bei der lockeren und entarteten Verfassung des Reiches sich nicht hat bewerkstelligen lassen. Die Ideen, die der Kardinal Nicolaus Cusanus 1433 dem Baseler Konzil vorlegte, waren die Früchte der schlimmen Erfahrungen dieser Jahre. Es scheint, dass auch die Ansichten des Kurfürsten Friedrich in dieser Richtung sich bewegten. Als er aber erkannt hatte, das weder Steuer- noch Heeresreform zustande zu bringen war, hat er immer wieder mit Nachdruck den Gedanken vertreten, dass man sobald wie möglich mit den Hussiten zum Frieden zu gelangen bestrebt sein müsse. Nach einem Einfall der Hussiten in Franken 1429 hatte er selbst, zugleich im Namen anderer fränkischer Stände, mit den Führern verhandelt und am 6. Februar 1430 einen Sondervertrag mit ihnen abgeschlossen. Er überzeugte sich bei dieser Gelegenheit, das man durch Verhandlungen weiter kommen werde als durch Fortsetzung der Kriegführung, und gewann auch das Vertrauen der hussitischen Führer, die sonst bei dem im Schwange gehenden Grundsatz, dass man Ketzern gegenüber zu Treu und Glauben nicht verpflichtet sei, wenig Neigung besaßen, sich auf Verhandlungen einzulassen. Um dem Starrsinn des Königs und des Papstes, die hartnäckig an der Kreuzzugspolitik gegen die Hussiten festhielten, eine andere, dem Frieden mehr geneigte Autorität gegenüberzustellen, hat Friedrich, wie es scheint, durch einen Druck auf die Kurie, der mit der Einmischung der deutschen Fürsten gedroht wurde, die endliche Berufung des längst verheißenen Baseler Konzils beschleunigt; aber erst die Katastrophe von Taus (1431), wo das Reichsheer sich auflöste, ohne eine wirkliche Gegenwehr gegen das heranziehende Hussitenheer unter Prokop zu versuchen, hat den Widerstand Sigmunds gebrochen und ihn veranlasst, die Hussiten zu Verhandlungen in Basel aufzufordern. Nur im Vertrauen auf die Bürgschaft des brandenburgischen Markgrafen haben sie sich darauf eingelassen, Gesandte nach Basel zu schicken, deren Geleit Friedrich selbst übernahm. Die Verzögerung der Verhandlungen mit ihnen wurde ihm selbst und seinem märkischen Lande verderblich; denn da er, entsprechend den Konzilsbeschlüssen, sein Sonderabkommen mit den Gegnern von 1430 nicht erneuert hatte, so unternahmen im Jahre 1432 hussitische Heere einen neuen großen Raubzug, der sich nun auch gegen die Mark Brandenburg richtete und erst vor den festen Mauern von Bernau zum Stillstand kam, aber ohne das die Hussiten dort, wie man wohl gefabelt hat, in einer großen Schlacht besiegt worden wären; vielmehr zogen sie mit reicher Beute ab. Endlich kam es, 30. November 1433, unter fortwährender Bemühung Friedrichs, zum Abschluss mit den Hussiten in den sogenannten Prager Kompaktaten (Als Kompaktaten wird ein vertragliches Abkommen bezeichnet. Der altertümliche Rechtsbegriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet dort sinngemäß Pakt oder Vertrag.), die im Juni 1436 zu Iglau endgültig bestätigt worden sind. Friedrich konnte sich ein erhebliches Verdienst daran beimessen, das nun endlich der Friede wieder hergestellt und Sigmund als König in Böhmen anerkannt war. Das alte freundliche Verhältnis zwischen beiden hat sich damit, kurz vor dem Tode Sigmunds, vollkommen wiederhergestellt. Als der König gestorben war (19.Dezember 1437) und die Kurfürsten im März 1438 zu Frankfurt zusammentraten, um seinen Nachfolger zu wählen, da schien, wie Eberhard Windeck, der Geheimschreiber König Sigmunds, in seiner Chronik schreibt, Kurfürst Friedrich vielen als der geeignete Mann; und in der Tat hat er wohl damals, sei es für sich selbst, sei es für einen seiner Söhne, nach der Krone gestrebt. Als aber diese Aussicht sich nicht erfüllte, trat er der Wahl Albrechts von Österreich, des Schwiegersohns Sigmunds, bei (17. März). Es ist bekannt, das dieser hoffnungsvolle junge Herrscher nur kurze Zeit seines hohen Amtes hat walten können. Noch einmal hat Kurfürst Friedrich nach Frankfurt zur Königswahl reisen müssen, Januar 1440. Er war diesmal gegen die Wahl des Habsburgers Friedrich (III.) und vertrat die des tüchtigen Landgrafen Ludwig von Hessen, konnte sich aber nicht durchsetzen. Der Habsburger wurde am 2. Februar 1440 von der Mehrheit der Kurfürsten gewählt. Nicht lange darauf, am 21. September 1440, ist Kurfürst Friedrich auf der Kadolzburg, wohin er sich seit Jahren zurückgezogen hatte, in seinem 70. Lebensjahr gestorben. Ein Altarbild aus der dortigen Burgkapelle (jetzt im Hohenzollernmuseum) vergegenwärtigt uns seine äußere Erscheinung: eine gedrungene Gestalt, ein rundes, volles Gesicht, in dem man den Ausdruck von Güte, aber auch von entschlossener Festigkeit zu gewahren meint, umrahmt von lang herabwallendem dunklen Haar. Er ist betend dargestellt; neben ihm kniet seine Gemahlin, die „schöne Else“. Ein frommer Fürst und Familienvater, eine ungewöhnlich tüchtige, tätige Natur, beständig vorwärtsstrebend, aber doch mehr noch ein Mensch des Mittelalters als der neuen Zeit, die er heraufführen half — das ist der Eindruck, den die Geschichte seines Lebens und seiner Regierung hinterlässt. Ein Bahnbrecher, aber kein Vollender. Mehr noch ein mittelalterlicher Reichsfürst, dessen Interessen mit Reichstagen, Königswahlen, Kurfürstenvereinigungen, Reichskriegen und Friedensschlüssen aufs engste zusammenhängen, als ein eigentlicher Territorialfürst, der mit gesammelter Kraft seinen abgesonderten Staat baut und befestigt. Ein Feldhauptmann von anerkannter Bedeutung, aber doch im Grunde ein Friedensfürst. Ein Regent, der sich, wie er es einmal ausgedrückt hat, als schlichter Amtmann Gottes am Fürstentum fühlte. Die rückschauende Geschichtsbetrachtung ist geneigt, die Erwerbung und Wiederherstellung der Mark Brandenburg als die große Leistung seines Lebens anzusehen; aber eigentlich war das doch nur eine Episode in diesem überaus tätigen und bewegten Leben. Er wurzelte in seinen fränkischen Fürstentümern und in den Reichsgeschäften, die traditionell damit verbunden waren. Er lebte in einer Zeit, wo man noch an eine Zukunft des Heiligen Römischen Reiches und seines kaiserlichen Oberhauptes glauben konnte, und wo die Reform des Reiches und der Kirche das große Interesse des Tages für die höher gestimmten tatkräftigen und hoffnungsvollen Politiker war. Erst als die Reichsreform zugleich mit der Reform der allgemeinen Kirche endgültig gescheitert war und Deutschland immer mehr als eine föderative Fürstenrepublik mit kaiserlicher Spitze erschien, sehen wir den Typus der eigentlichen Territorialfürsten vorherrschend werden, von dem das Bild dieses noch mehr in den allgemeinen Interessen lebenden Fürsten sich so auffallend unterscheidet. Dynastischer Ehrgeiz und sorge für das Hausinteresse haben allerdings auch sein politisches Handeln in erster Linie bestimmt; aber als einen Partikularisten (Partikularismus Bestrebung (von kleinen Ländern), die eigenen Interessen gegenüber dem Ganzen durchzusetzen.) schlechthin darf man ihn nicht bezeichnen. Er wäre es vielleicht geworden, wenn seine nordwestdeutsche Politik besseren Erfolg gehabt hätte; aber seit der Wendung von 1420 ist er zu den alten burggräflichen Traditionen zurückgekehrt. Das Glück und die Größe seines Hauses wurzelten in dem Dienst des Königs und der tätigen Teilnahme an den Reichsgeschäften, und ihre Förderung ist auch später noch mit einer reichspatriotischen Haltung nicht unvereinbar gewesen. Das Bild, das Droysens geistreiche und eindringende Darstellung von diesem ersten der Hohenzollernschen Kurfürsten entworfen hat, umgeben von der Glorie eines nationalen Idealismus und einer selbstlosen Politik im Dienste des Reichsgedankens, ist zwar einseitig und darum falsch; aber indem man es korrigiert, darf man den Eindruck einer hervorragenden und gemeinnützigen Betätigung dieses Fürsten in den Reichsgeschäften nicht hinweg wischen. Nur war das nicht, wie Droysen es auffasst, das Leitmotiv für die zukünftige Politik der brandenburgischen Dynastie, deren Gründer er gewesen ist, sondern mehr ein Nachklang aus einem früheren Zeitalter, das zu Ende ging. Es ist ein merkwürdiger Parallelismus der Gegensätze zwischen Friedrich I. und seinen drei nächsten Nachfolgern. In Albrecht Achilles tritt noch einmal — und zum letzten Mal — der traditionelle Charakter der burggräflichen Politik hervor, der die Interessen des Hauses im engen Bunde mit Kaiser und Reich zu fördern sucht. In dem unmittelbaren Nachfolger aber, Friedrich II., sehen wir im Gegensatz dazu den territorialfürstlichen Typus sich ausbilden, der dann in Albrechts Nachfolger Johann sich befestigt und zur Herrschaft gelangt. Es ist das Überwiegen der märkischen über die fränkischen Interessen, das diese Wandlung hervorgebracht hat.

In der Mark Brandenburg hatte an Friedrichs statt seit 1426 sein ältester Sohn, der Markgraf Johann, gewaltet, dessen vorwiegende Neigungen, wie sein Beiname „der Alchemist“ zeigt, auf anderem als politisch-militärischem Gebiet lagen. Dem Misserfolg nach außen, dem er die Regentschaft verdankte, entsprach im Innern eine Lockerung der kaum erst wiederhergestellten Ordnung und eine Schwächung des landesherrlichen Ansehens, die das große Werk der territorialen Neugründung wieder in Frage zu stellen drohte. Der Adel begann wieder ungestraft durch Raub- und Fehdezüge die Sicherheit und Wohlfahrt des Landes zu gefährden; die Städte, zum Teil in Verbindung mit dem großen Bunde der Hansa, behaupteten eine trotzige Selbstständigkeit und schlossen sich ungehindert um das Jahr 1431 in drei besonderen Städtebündnissen, für die Altmark, Priegnitz und Mittel Mark, zu Schutz und Trutz, gerade auch gegenüber dem Landesherrn, zusammen. Berlin und Cölln vereinigten sich eigenmächtig und selbstherrlich 1432 zu einer einheitlichen Stadtgemeinde mit gemeinsamem Rat und Bürgermeistern. Den Landesherrn sah diese mächtige Gemeinde ungern in ihren Mauern. Schon Friedrich I. hatte in dem Hause, das die Markgrafen in Berlin neben dem Kloster besaßen, nur gastweise und mit einer beschränkten Zahl von Begleitern, nach der Bestimmung des Rates, Hof halten dürfen; Markgraf Johann sah sich gezwungen, Berlin ganz zu meiden und sein Hoflager, wenn er in dieser Gegend weilte, in Spandau zu halten. Dem Vater wurde es schließlich klar, dass dieser älteste Sohn nicht der Mann sei, den die schwere Aufgabe des Regiments in der Mark erforderte. In der Erbteilung, die er 1437 vornahm, hat er ihm vielmehr das fränkische Land über dem Gebirge mit Kulmbach, Bayreuth, den Bergwerken und der Plassenburg zugewiesen; die übrigen fränkischen Gebiete um Ansbach erhielt der dritte Sohn, Albrecht, dem Johann seinen Anteil seit 1457 mit Ausnahme weniger Ämter überlassen hat, und der dem 1464 söhnelos verstorbenen Bruder dann vollends in der Herrschaft gefolgt ist. Die Kurmark Brandenburg aber wurde dem zweiten Sohn, Friedrich, bestimmt, der auch schon 1437 ihre Verwaltung übernahm; doch war ihm auf erlegt, mit seinem jüngsten Bruder, der ebenfalls den Namen Friedrich führte (Friedrich der Fette genannt), zunächst 16 Jahre lang gemeinschaftlich zu regieren und dann mit ihm zu teilen. Der jüngere Friedrich hat aber die Teilung schon vor der Zeit (1447) durchgesetzt und erhielt zu seinem Anteil die Altmark mit der Priegnitz, die also, trotz der Goldenen Bulle, von der Mittel Mark abgetrennt worden ist. Erst 1463, wo Friedrich der Fette ohne männliche Erben starb, ist die ganze Kurmark wieder unter Friedrich II. vereinigt worden.

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