5.4 Kurfürst Georg Wilhelm (1619 – 1640)
Georg Wilhelm, der seinem Vater im Alter von 25 Jahren folgte, war schon bei seinem Regierungsantritt ein gebrechlicher Mann. Ein Beinschaden, der nicht heilen wollte, hinderte ihn in der Bewegung, und in den nächsten 10 Jahren wurde auch das früher gesunde Bein so schwach, das ihm Gehen und Stehen sehr schwer wurde und er sich meist in einer Sänfte tragen lassen musste. Dieser körperlichen Gebrechlichkeit entsprach ein Mangel an Tatkraft und Entschlussfähigkeit, der in den schweren Zeiten, die dieser Regierung bevorstanden, doppelt verhängnisvoll war; fiel doch der Regierungsantritt dieses schwächsten der hohenzollernschen Fürsten mit dem Ausbruch des schrecklichsten Krieges zusammen, den Deutschland bisher gesehen hatte.
Das dringlichste Geschäft, das den jungen Kurfürsten in Anspruch nahm, war die Einholung der Belehnung mit Preußen, die seine persönliche Anwesenheit in diesem Lande gleich nach dem Regierungsantritt nötig machte. Auch diesmal bedurfte es wieder umständlicher Verhandlungen, die mit mancherlei Opfern und Demütigungen verbunden waren, bis der König von Polen sich zur Erteilung der Investitur herbeilies. Inzwischen führte in Berlin die Kurfürstin Mutter eine überraschende Wendung in der bisher noch immer unentschiedenen schwedischen Heiratsangelegenheit herbei, die Georg Wilhelm die ersten politischen Schwierigkeiten bereitet hat. Die resolute, eigenwillige Frau, die anfänglich der Verheiratung ihrer Tochter nach Schweden so heftig widerstrebt hatte, war durch den persönlichen Eindruck, den ihr der junge Schwedenkönig bei einem Besuch in Berlin gemacht hatte, vollständig umgestimmt worden und hatte kurzerhand die Verlobung bewilligt, ohne die Zustimmung des in Königsberg weilenden Kurfürsten einzuholen, von dem sie wohl wusste, dass er mit Rücksicht auf seine Stellung zu Polen dagegen sei. Und nicht genug damit — sie schickte die Braut, die ihr Jawort mit großer Bereitwilligkeit gegeben hatte, unter dem Vorwande eines Besuchs bei ihrer älteren Schwester nach Wolfenbüttel, wo sie — nach einem verabredeten Plan — von dem schwedischen Kanzler Axel Oxenstjerna in Empfang genommen und über Wismar nach Schweden zur Vermählung mit Gustav Adolf geführt wurde. Georg Wilhelm wurde dadurch in die äußerste Verlegenheit gebracht; denn König Sigmund von Polen nahm diese Verbindung zwischen dem brandenburgischen Hause und seinem schlimmsten Feinde sehr übel und bereitete dem Kurfürsten in der Frage der Belehnung die größten Schwierigkeiten. Georg Wilhelm war weit entfernt, sich jetzt etwa auf die schwedische Seite zu schlagen und mit seinem Schwager zusammen, wie dieser gewünscht hatte, gegen Polen loszugehen; aber andererseits mochte er sich auch nicht im Bunde mit Polen gegen Schweden wenden. Er beharrte in der Neutralität zwischen den beiden kriegführenden Mächten; und er hatte dabei den Vorteil, dass die Waffenerfolge der Schweden in Livland, die eben damals für Polen sehr bedrohlich wurden, am Hofe zu Warschau den Widerstand gegen seine Wünsche schwächten. Verraten von Graf Adam Schwartzenberg, der ihm einst während seiner Statthalterschaft am Niederrhein zur Seite gestanden hatte und nun allmählich der maßgebende Mann in seiner Umgebung wurde, vermochte er sowohl mit den preußischen Ständen auf dem Landtage von 1621 wie auch mit der Krone Polen zu einer leidlichen Vereinbarung zu gelangen: am 23. September 1621 empfing er die Belehnung mit Preußen unter den gleichen Bedingungen wie seine Vorgänger; weitergehende Forderungen der Polen hatte er glücklich abzuwenden vermocht.
Ebenso wenig wie in dem Streit zwischen Polen und Schweden ergriff Brandenburg Partei in dem böhmischen Kriege, in welchem der Winterkönig, Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, auch ein Schwager Georg Wilhelms und neben ihm das Haupt der reformierten Fürstenpartei, in der Schlacht am Weißen Berge unterlag (1620). Zu dessen Anhängern gehörte aber ein anderer hohenzollernscher Fürst, Johann Georg von Jägerndorf, einst Statthalter Johann Sigismunds in der Mark; der stand in diesem Kriege als Generalfeldoberst der schlesischen Fürsten und Stände gegen Kaiser Ferdinand II. in Waffen und setzte auch nach der Entscheidungsschlacht seinen Widerstand fort. Der Kaiser ächtete ihn mit anderen seiner Gegner, und Georg Wilhelm gab ihn preis; der Geächtete, ein tapferer, hochsinniger Mann, fand eine Zuflucht bei Bethlen Gabor in Siebenbürgen und ist dort 1624 von einem frühen Tode ereilt worden. Sein Herzogtum Jägerndorf blieb in den Händen des Kaisers.
Der Protestantismus in Deutschland hatte einen furchtbaren Schlag erlitten; die Union löste sich auf. Was nun folgte: die Eroberung der Pfalz, die Übertragung des Landes samt der Kurwürde von dem geächteten Kurfürsten auf seinen Stammvetter, Maximilian von Bayern, erinnerte an die Zeiten des Schmalkaldischen Krieges; aber der protestantischen Sache erstand diesmal kein Retter aus dem deutschen Fürstenstande wie damals. Sachsen und Brandenburg widersprachen freilich auf dem Kurfürstentage zu Regensburg 1623 dem eigenmächtigen Schritt des Kaisers; aber vergeblich versuchten die Räte Georg Wilhelms den sächsischen Hof für ein neues evangelisches Verteidigungsbündnis zu gewinnen. Kurfürst Johann Georg von Sachsen ließ sich vielmehr auf Sonderbehandlungen mit den Katholiken ein und erkannte wenigstens vorläufig Maximilian von Bayern als Kurfürsten an. Damit war Brandenburg völlig isoliert; und wenn damals auch die Furcht vor einem Einfall österreichischer Kosaken in die Mark Brandenburg noch unbegründet war, so wurden doch die westfälischen Lande des Kurfürsten, die Grafschaften Mark und Ravensberg, nach Tillys Sieg bei stadtlohn mit zum Quartiergebiet der ligistischen Truppen gezogen. In dieser Lage hat Georg Wilhelm mit dem Pfalzgrafen von Neuburg den Düsseldorfer Provisionalvergleich (Provisionalvergleich = vorläufige Übereinkunft, vorläufiger Beschluss) vom 11. Mai 1624 geschlossen, der die Bedingungen des Xantener Vertrages wiederholte; sie erschienen jetzt beiden Teilen annehmbarer als vor 10 Jahren; man verabredete zugleich, auf die Entfernung der immer noch in den Erbschaftslanden stehenden spanischen und niederländischen Besatzungen hinwirken zu wollen — ein Ziel, von dem man aber noch weit entfernt blieb.
An den großen Koalitionsplänen der europäischen Gegner Habsburgs, namentlich Frankreichs, Englands, der skandinavischen Höfe, die seit 1624 im Werke waren, ist Brandenburg nicht unbeteiligt gewesen; es hat besonders mit Gustav Adolf verhandelt, den es von seinem großen Angriffsplan gegen Schlesien abzubringen und vielmehr für einen Krieg in Westdeutschland zur Wiederherstellung des Pfälzers zu gewinnen versuchte; aber die Feindschaft Schwedens gegen Dänemark, dessen König Christian IV. den Oberbefehl in dem westdeutschen Kriege beanspruchte, hat Gustav Adolfs Verteidigung verhindert, und nun zog sich auch Brandenburg zurück; es kam damals nur zur Verabredung einer Familienverbindung mit dem Fürsten Bethlen Gabor von Siebenbürgen, dem gefährlichen Gegner des Kaisers, dem Schwartzenberg dann (1626) eine Schwester des Kurfürsten, Katharina, als Ehegemahl zuführte. Dieser Heiratsplan vermehrte natürlich das Misstrauen gegen den Brandenburger am kaiserlichen Hofe; man dachte schon an Ächtung und Exekution. Aber der Kurfürst gab im Juli 1625 dem kaiserlichen Gesandten, Grafen Hannibal Dohna, der gekommen war, um zu sondieren und zu warnen, befriedigende Erklärungen über seine politische Stellungnahme und beeilte sich, aufs äußerste besorgt vor der verhängnisvollen Ungnade des Kaisers, alle seine politischen Verbindungen mit dessen Gegnern abzubrechen, obwohl diese nach seinem Sinne immer nur zur Verteidigung, nicht zum Angriff hatten dienen sollen. Dem Haager Bündnis, das im Dezember 1625 zwischen England und Dänemark zur Aufrechterhaltung der Rechte und Freiheiten des Deutschen Reiches gegen den Kaiser und Spanien geschlossen wurde, ist Brandenburg ferngeblieben. Um seine Neutralität in dem nun näher rückenden Kriege zu wahren, warb Georg Wilhelm 3.000 Mann, zu deren Unterhaltung von den Ständen die Mittel bewilligt wurden, freilich nur auf drei Monate. Aber die Truppen kamen zu spät, um die Elb- und Havelpässe noch rechtzeitig zu besetzen, und so wurden Altmark und Priegnitz doch von den Scharen Mansfelds überschwemmt. Der Sieg Wallensteins über Mansfeld an der Dessauer Brücke (April 1626) war von verhängnisvollen Folgen für das Haus Brandenburg. Damals sind ihm die Stifter Magdeburg und Halberstadt entrissen worden, die in seiner Politik eine so bedeutende Rolle gespielt hatten. Der Administrator von Magdeburg, Christian Wilhelm, der nach der Abdankung des kriegslustigen Braunschweigers Christian sich auch in Halberstadt hatte wählen lassen, war für den Dänenkonig und gegen den Kaiser ins Feld gezogen und hatte in der Dessauer Schlacht mitgefochten. Nun wurde er aus seinem Magdeburger Lande vertrieben, und an seiner Stelle wurde dort der sächsische Prinz August, der als Koadjutor bestellt worden war, zum Verweser des magdeburgischen Stifts erhoben. Nach wechselvollen Schicksalen ist dieser brandenburgische Markgraf Christian Wilhelm später, im Jahre 1632, in den Schoß der katholischen Kirche zurückgekehrt — der einzige Fall dieser Art im brandenburgischen Hause.
Während nun Mansfeld sein geschlagenes Heer durch Brandenburg zurückführte, nahmen die Kaiserlichen zunächst noch Rücksicht auf die Neutralität des Kurfürsten. Aber nach der Niederlage der Dänen bei Lutter am Barenberge wurde die Altmark mit kaiserlichen Truppen belegt, und die flüchtigen Dänen brandschatzten Priegnitz und Uckermark. Zugleich war im Juli 1626 Gustav Adolf in Pillan gelandet, um Ostpreußen zu seiner Operationsbasis für den von neuem entbrennenden Krieg gegen Polen zu machen. In dem Winter von 1626—27 wurde die Neumark von den Kosaken geplündert, die im Solde Österreichs standen. Anfang 1627 ging der Kurfürst mit den inzwischen geworbenen 4.500 Mann nach Ostpreußen, um dem Vordringen der Schweden Einhalt zu tun. Er glaubte, dort noch eher etwas ausrichten zu können als in der Mark: Schwartzenberg begleitete ihn.
Die große Koalition, die gegen Habsburg geschlossen war, löste sich auf. Kein Zweifel, das Brandenburg demselben Geschick verfallen wäre, das die mecklenburgischen Herzöge ereilte, wenn es sich dieser Verbindung angeschlossen hätte. Aber andererseits war es doch auch nicht imstande gewesen, seine Neutralität zu behaupten. In dieser Lage hat sich der brandenburgische Kurfürst entschlossen, auf die Seite des Kaisers überzutreten. Diese Wendung war das Werk des Grafen Schwartzenberg, der inzwischen zum allmächtigen Günstling des Kurfürsten geworden war. Er war zwar katholisch und Sohn eines kaiserlichen Feldmarschalls, hatte aber bisher keine Verbindung mit dem kaiserlichen Hofe gehabt und war in Wien sogar als Gegner Österreichs betrachtet worden. Auf der Rückkehr von Siebenbürgen hatte er dann aber in Breslau im Mai 1620 eine folgenreiche Unterredung mit dem Landeshauptmann von Schlesien, dem Grafen Hannibal Dohna, gehabt, demselben, der im vorigen Jahre als kaiserlicher Gesandter am brandenburgischen Hofe erschienen war; und seit dieser Verhandlung wurde ein besseres Verhältnis Brandenburgs zum Kaiser angebahnt, das Schwartzenberg zu einem förmlichen Bündnis auszubauen bemüht war. Nach heftigen Kämpfen des Günstlings mit den anderen Räten des Kurfürsten, namentlich dem Kanzler Pruckmann, und nachdem man auch ständische Vertreter zu Rate gezogen hatte, die freilich an der Neutralität festhalten wollten, kam es unter dem vorwaltenden Einfluss Schwartzenberg nach längeren Verhandlungen mit Hannibal Dohna in Königsberg am 22. Mai zu einem förmlichen Unterwerfungs- und Bündnisvertrag mit dem Kaiser. Der Kurfürst erbot sich zur schuldigen Devotion gegen den Kaiser und erkannte die bayerische Kur an; die ganze Mark (mit Ausnahme der Residenz und der Festungen) wurde den kaiserlichen Truppen geöffnet. Der Großoheim Georg Wilhelms, der lutherische Markgraf Sigismund, einer von den Söhnen des alten Johann Georg, wurde als Statthalter nach Berlin geschickt; er hat eine seiner Hauptaufgaben darin gesehen, die calvinistischen Räte, namentlich Pruckmann, und die fürstlichen Frauen politisch im Zaum zu halten; denn sowohl die pfälzische Gemahlin des Kurfürsten, Elisabeth Charlotte, wie auch ihre Mutter Luise Juliane, eine Tochter des großen Oraniers, und ihre unverheiratete Schwester Katharina, die nach der Ächtung des Winterkönigs am Berliner Hofe eine Zuflucht gefunden hatten, galten als entschiedene und unternehmende Anhänger der protestantischen Sache und Gegner des Kaisers.
Zugleich musste sich der Kurfürst zur Mitwirkung bei dem Kriege gegen Schweden bequemen: 1200 Mann von seinen Truppen musste er dem Polenkönig entgegensenden. Aber Gustav Adolf nahm diese Truppen auf dem Marsche gefangen und zwang den Kurfürsten in die frühere Neutralität zurück. Auf dem preußischen Schauplatz ist es auch weiterhin zu keinem tatkräftigen Vorgehen Brandenburgs gekommen.
In der Mark Brandenburg drückte das Wallensteinsche Kontributionssystem äußerst stark. Im Gegensatz zu Tilly und anderen Führern hatte Wallenstein den Grundsatz, nicht nur das Quartier und die Naturalbedürfnisse, sondern auch die gesamte Löhnung für seine Truppen von der Bevölkerung zu verlangen. Die Mark wurde damals in Quartierbezirke eingeteilt, die teils, wie die Priegnitz und Uckermark, mit den alten großen Kreisen zusammenfielen, teils, wie in der Mittelmark, mehrere kleine Kreise umfassten. In diesen Bezirken wurden aus dem eingesessenen Adel Kriegskommissarien ernannt, die in Verhandlungen mit den Truppenführern und Armeekommissarien einerseits, mit den Ständen der Kreise andererseits für die Aufbringung und Verteilung der Kontribution zu sorgen, zugleich aber auch das Interesse des Landes wahrzunehmen und den sehr häufigen Missbräuchen und Bedrückungen nach Möglichkeit entgegenzutreten hatten, was freilich den schweren Druck nur wenig mildern konnte. Die Verwaltung des Landes ging damals fast ganz in der sorge für den Unterhalt der fremden Truppen auf und fand ihren Schwerpunkt in der von den Kriegskommissarien geleiteten ritterschaftlichen Selbstverwaltung der Kreise. Diese Kriegskommissarien sind die Vorläufer der späteren Kreiskommissarien, die schließlich zu den heutigen Landräten sich umgeformt haben.
Unter diesen Umständen war von einer Erleichterung durch den Vertrag mit dem Kaiser nichts zu spüren. Brandenburg hatte kaum einen anderen Vorteil davon als den, das Georg Wilhelm hoffen konnte, Kurfürst zu bleiben so lange der Kaiser Kaiser blieb. Die Interessen des brandenburgischen Hauses wurden im Übrigen schonungslos verletzt. Die Belehnung Wallensteins mit dem eingezogenen Herzogtum Mecklenburg bedeutete eine empfindliche Beeinträchtigung des brandenburgischen Erbanspruchs. Die Haltung des kaiserlichen Hofes gab Anlass zu schlimmen Befürchtungen. Eine Sendung Schwartzenberg nach Wien (1628) besserte nichts. Vielmehr entstand damals eine neue Gefahr durch den Plan des kaiserlichen Hofes, ein Restitutionsedikt zu erlassen, das nach Maßgabe des geistlichen Vorbehalts von 1555 alle seit dem Passauer Verträge eingezogenen geistlichen Güter für die Kirche zurückfordern sollte.
Schwartzenberg, der schon als Herrenmeister des in der Neumark reich begüterten Johanniterordens im Besitz einer geistlichen Pfründe war, wurde damals durch die Aussicht auf eines der zu restituierenden Stifter, etwa Verden oder Ratzeburg oder Kammin, für den Plan des kaiserlichen Hofes gewonnen. Aus den römischen Archiven sind neuerdings Papiere zum Vorschein gekommen, aus denen man sieht, das er mit dem Kardinal Klesl und dem Beichtvater des Kaisers, Pater Lamormain, Pläne geschmiedet hat, die darauf hinausliefen, dass man auf den Kurfürsten durch unverdächtige Mittelsmänner einwirken wollte, um ihn für den Katholizismus zu gewinnen.
Das 1629 publizierte Restitutionsedikt bedrohte auch Brandenburg in dem Besitz der drei eingezogenen Landesbistümer; es stellte überdies die Calvinisten ganz außerhalb des Religionsfriedens. Die kaiserliche Macht stand auf ihrem Höhepunkt. Der Dänenkonig Christian IV. musste in dem Frieden von Lübeck 1029 das Restitutionsedikt anerkennen. Der Plan zur Gründung einer kaiserlichen Kriegsflotte wurde in Angriff genommen; da Stralsund nicht zu bezwingen war, wurde Wismar als Kriegshafen ins Auge gefasst. In diesem Moment gelang es den Bemühungen der französischen Diplomatie, in dem Kriege zwischen Polen und Schweden einen Waffenstillstand zu vermitteln (zu Altmark 1629), und nun entschloss sich Gustav Adolf, in den deutschen Krieg einzugreifen. Georg Wilhelm aber kehrte jetzt in die Mark Brandenburg zurück (1630).
Indem Gustav Adolf zum Schutze des Protestautismus nach Deutschland zog, kämpfte er zugleich für seine Krone und für die Sicherheit seines Reiches. Denn der Sieg des Katholizismus in Deutschland hätte seinen Todfeind König Sigismund III. von Polen, den katholischen Wasa, der die schwedische Krone für sich begehrte, übermächtig gemacht; und dieser Vorkämpfer eines universalen Katholizismus stand in engem Bunde mit dem Kaiser, der sich eben anschickte, eine Kriegsflotte zu gründen, die das Baltische Meer beherrschen sollte und auch zum Angriff gegen Schweden hätte dienen können. Der ungebrochene Widerstand Stralsunds hat diesen Plan gehemmt; aber Gustav Adolf war mit seinem Reichsrat darin einverstanden, dass man den Gegner entweder jetzt in Stralsund auf suchen oder ihn später in Kalmar erwarten müsse.
Das frische, entschlossene, tatkräftige Auftreten des großen schwedischen Kriegsfürsten in Deutschland bildet einen auffälligen Gegensatz zu der kleinmütigen Halbheit, die dort an den protestantischen Fürstenhöfen herrschte. Gustav Adolf verlangte von seinen Glaubensgenossen unbedingten Anschluss an seine Sache unter Verzicht auf politische und militärische Selbständigkeit; er selbst wollte allein die Leitung des Kriegswesens in Händen haben und über die Mittel der deutschen Länder und Städte für seine Zwecke verfügen; er machte kein Hehl daraus, dass Schweden für seine Kriegsleistungen auf eine angemessene Art, wo möglich durch Überlassung geeigneter Küstengebiete, schadlos gehalten werden müsse. Mit Geringschätzung spottete er über die ruheselige, lässige Art der deutschen Fürsten, die sich von ihren guten Tagen nichts abbrechen und ihr Bierchen in Ruhe trinken wollten. Er forderte sie zu männlichen Entschlüssen, zu Tätigkeit und Entsagung, zu heroischen Kraftanstrengungen auf; er wollte von Neutralität nichts hören und wollte sie eigentlich nicht als gleichberechtigte Bundesgenossen, sondern als unselbständige Anhänger für seine Sache gewinnen.
In Brandenburg traf er dabei keineswegs auf eine entgegenkommende Stimmung. Seine persönliche Spannung mit Georg Wilhelm wegen der Heiratsangelegenheit war noch immer nicht gelöst; hauptsächlich aber fürchtete man am brandenburgischen Hofe, das ein Bündnis, wie Gustav Adolf es verlangte, im Fall eines unglücklichen Ausganges die Vernichtung des Hauses Brandenburg nach sich ziehen werde; während man andererseits damit rechnen musste, das Gustav Adolf nach einem siegreichen Kriege Preußen, wo die Häfen Pillau und Memel schon durch den Waffenstillstand von Altmark (1629) in seine Hand gekommen waren, und womöglich auch Pommern, das er jetzt als seine Operationsbasis einrichtete, endgültig behalten werde. Hatte er sich doch gleich nach seiner Ankunft in Pommern durch einen Vertrag mit dem Herzog ausbedungen, das nach dem Tode dieses alten und gebrechlichen Herrn die Verwaltung des Landes in seine Hand kommen müsse.
Solche Erwägungen standen trennend zwischen Georg Wilhelm und seinem Schwager, dem Schwedenkönig. Gerade die Neutralität, die Gustav Adolf so heftig verwarf, wurde jetzt wieder das Ziel der brandenburgischen Politik. Der Träger dieser Politik war nicht mehr Schwartzenberg, der vielmehr nach wie vor den Anschluss an den Kaiser empfahl, sondern Knesebeck, der 1627 vergeblich gegen das Bündnis mit dem Kaiser aufgetreten war, und mit ihm der Kanzler Götzen, der jetzt die Stelle des kürzlich verstorbenen Pruckmann einnahm und ebenfalls die Politik der Unterwerfung unter den Kaiser nur widerwillig mitgemacht hatte; die Ratschläge dieser beiden drängten damals den übermächtigen Einfluss Schwartzenbergs zurück. Was sie wollten, war enger Zusammenschluss mit Sachsen und Begründung eines evangelischen Bundes deutscher Fürsten, der zwischen dem Kaiser und seinen ausländischen Feinden die evangelische Sache aufrecht erhalten und vor allem einer gewaltsamen Durchführung des Restitutionsedikts entgegentreten sollte. Nach langen Verhandlungen mit Sachsen und wiederholten persönlichen Zusammenkünften der Kurfürsten Georg Wilhelm und Johann Georg setzten die brandenburgischen Rate ihre Absicht durch: Ende 1630 gab Sachsen seine Zustimmung zur Berufung eines evangelischen Konvents, der im Februar 1631 auf dem Rathause in Leipzig gehalten worden ist. Das Ergebnis der Verhandlungen, das den Absichten der brandenburgischen Räte entsprach, wurde auf ihr Drängen und trotz des Widerstrebens der ziemlich lau gesinnten Sachsen in einem förmlichen „Abschied“ zusammengefasst. Verhandlungen mit den katholischen Reichsständen wurden zwar in Aussicht genommen, aber die Genossen des Konvents waren einverstanden darin, dass man die Durchführung des Restitutionsedikts auf jede Weise verhindern und der Gewalt Gewalt entgegensetzen müsse. Zu diesem Zwecke sollten auch Rüstungen veranstaltet werden. Brandenburg brach noch nicht mit dem Kaiser, aber es trat nun in Beziehungen zu seinen Feinden, namentlich auch zu Frankreich, die dem kaiserlichen Hofe unmöglich gefallen konnten. Der Kaiser forderte, das Brandenburg unzweideutig und entschieden auf seiner Seite bleiben solle; so riet auch Schwartzenberg; aber unter dem Druck der schwedischen Waffen verlor sein Einfluss die alte Kraft; er verließ den Hof und zog sich auf seine rheinischen Güter zurück.
Dem Schwedenkönig gegenüber beobachtete Brandenburg zunächst eine abwartende Haltung, ohne auf seine Bündnisforderungen einzugehen. Als aber Gustav Adolf in Pommern festen Fuß gefasst hatte, und nun Tilly gegen die Mark heranzog, die seit der Absetzung Wallensteins nur noch teilweise von kaiserlichen Truppen besetzt war, da musste man sich am brandenburgischen Hofe entscheiden, welcher Partei man beitreten wollte. Gustav Adolf verjagte im April 1631 die Kaiserlichen aus der Neumark und nahm Frankfurt und Landsberg in Besitz, ebenso Küstrin bis auf die von brandenburgischem Kriegsvolk besetzte Zitadelle. Er forderte jetzt den unbedingten Anschluss des Kurfürsten unter Einräumung der Festungen Küstrin und Spandau, unter Anerkennung der Direktion des Kriegswesens durch den Schwedenkönig, unter Zahlung von Kontributionen zur Unterhaltung des schwedischen Heeres. Der Kurfürst konnte sich nicht dazu entschließen. Da erschien Gustav Adolf von Köpenick her vor Berlin (13. Mai). Militärischer Widerstand war nicht möglich und nicht beabsichtigt. Der Kurfürst ging mit seiner Familie dem Schwager entgegen. In Treptow wurde verhandelt, aber ohne dass eine Einigung zustande kam. Gustav Adolf zog mit 1000 Mann seiner Truppen nach Berlin, um dort als Gast des Kurfürsten weiter zu verhandeln. Die pommersche Frage wurde erörtert; der Schwedenkönig verlangte die Überlassung der Seeküste. Er brachte damals wohl auch schon den Plan einer Vermählung des Kurprinzen mit seiner Tochter Christine, seinem einzigen Kinde bisher, zur Sprache. Man kam sich etwas näher, aber zu einer völligen Einigung gelangte man auch jetzt noch nicht. Das von Gustav Adolf geforderte Bündnis, das den Kurfürsten aller Selbständigkeit beraubt haben würde, kam nicht zustande; der König begnügte sich zunächst mit der Einräumung von Spandau. Seine Absicht war jetzt vor allem darauf gerichtet, das von Tilly belagerte Magdeburg zu entsetzen; er verhandelte mit Sachsen wegen der Einräumung von Wittenberg, um einen Stützpunkt an der Elbe zu haben. Sachsen weigerte sich, ihm den Platz zu überlassen, so ungeduldig auch der Schwedenkönig drängte. Inzwischen siel Magdeburg und wurde bei der Plünderung ein Raub der Flammen. Es war ein harter Schlag für den Protestantismus und für das Ansehen Gustav Adolfs in Deutschland. In seinem Vormarsch aufgehalten, drängte er jetzt noch stärker als vorher auf ein Bündnis mit Brandenburg, das ihm die Unterwerfung des Landes und damit eine Verstärkung seiner Operationsbasis verschaffen sollte. Er drohte erst, aus Deutschland abziehen und den Kurfürsten samt seinen Glaubensgenossen ihrem Schicksal überlassen zu wollen. Aber das war wohl kaum ernst gemeint und hatte jedenfalls nicht die gewünschte Wirkung. Dann machte er Miene, mit Gewalt gegen Berlin vorzugehen. Im Lager vor Spandau kam es zwischen den beiden Fürsten zu einer neuen Verhandlung am 30. Mai; Georg Wilhelm suchte Zeit zu gewinnen, indem er vorschlug, dass er erst mit Sachsen verhandeln wolle, um mit diesem gemeinsam den Anschluss an die Schweden zu vollziehen. Aber diese Verhandlungen führten nicht zum Ziel. Gustav Adolf ließ sich nicht länger hinhalten. Am 20. Juni standen die Schweden vor den Mauern Berlins; sie landeten von der Spree aus Geschütz und richteten ihre Kanonen auf das Schloss. Aber im Grunde war es doch nicht Gustav Adolfs Absicht, es zum Äußersten kommen zu lassen. Ein gewaltsames Vorgehen gegen seinen Schwager, den Kurfürsten, würde ihm viele deutsche Fürsten entfremdet haben, zumal die niederschlagende Wirkung des Falles von Magdeburg, den er nicht hatte verhindern können, die Werbekraft seines kriegerischen Auftretens schädigte. So gelang es den fürstlichen Frauen, die wieder zu ihm hinauszogen, ihn milder zu stimmen und dem Kurfürsten, der ihnen folgte, eine freundliche Aufnahme zu neuen Verhandlungen zu bereiten. Diese führten am 21. Juni wieder nur zu einer vorläufigen Vereinbarung. Zu einem Bündnis, wie es Gustav Adolf begehrte, kam es auch jetzt nicht, sondern nur zu einem Vertrage, der ihm Spandau und nötigenfalls auch Küstrin für die ganze Dauer des Krieges einräumte und Kontributionen im Betrage von 30.000 Talern monatlich für den Unterhalt des schwedischen Heeres zugestand. seine politische Selbständigkeit behauptete der Kurfürst ebenso wie seine kriegsherrliche Stellung, indem ihm unverwehrt blieb, Werbungen auf eigene Hand anzustellen, um namentlich den Pass von Küstrin, wo die brandenburgische Besatzung blieb, vor den Gegnern Gustav Adolfs zu sichern. Über die pommersche Frage kam man auch jetzt zu keiner Vereinbarung, weil Georg Wilhelm auf keinen Teil des Landes zugunsten der Schweden verzichten wollte. Die Folge war, dass Gustav Adolf das ganze Land als seine Eroberung betrachtete und es fortdauernd als Operationsbasis benutzte.
Der große Sieg des Schwedenkönigs bei Breitenfeld (17. September 1631), die rettende Tat für den deutschen Protestantismus, sicherte auch den Kurfürsten von Brandenburg vor den Folgen der kaiserlichen Ungnade; und der weitere Siegeszug Gustav Adolfs hatte auch die Wirkung, das die Mark, die nun nicht mehr das eigentliche Kriegstheater war, in der nächsten Zeit etwas entlastet wurde. Bei Breitenfeld hatten die Sachsen schon als Verbündete des Schwedenkönigs gefochten, und brandenburgische Truppen wirkten nun 1632 mit ihnen zusammen zu einem Angriff auf Schlesien. Aber das Bündnis, das Gustav Adolf unablässig begehrte, um die Einzelbündnisse, die er mit anderen Reichsständen bereits geschlossen hatte, zu ergänzen und den von ihm erstrebten Zusammenschluss eines von ihm abhängigen bewaffneten Corpus Evangelicorum im Reiche herzustellen, wusste Brandenburg auch jetzt noch ebenso zu vermeiden, wie es Sachsen tat. Auf diesem Fuße blieb das Verhältnis, bis Gustav Adolf, dem Wallenstein, jetzt wieder Generalissimus des Kaisers, strategisch die Vorhand abgewonnen hatte, bei dem Versuche, Sachsen vor ihm zu decken, in der Schlacht von Lützen den Heldentod fand. Während jetzt Sachsen mit größerem Eifer als früher an dem protestantischen Fürstenbund des Leipziger Konvents festhielt, der als dritte Partei zwischen dem Kaiser und Schweden die deutsch-evangelischen Interessen vertreten sollte, ließ sich Brandenburg im Januar 1633 von dem schwedischen Kanzler Axel Oxenstjerna, der nach des Königs Tode die politische Leitung übernommen hatte, dazu bestimmen, die Politik eines solchen evangelischen Sonderbundes aufzugeben. Die Meinungsverschiedenheit, in welche die beiden kurfürstlichen Höfe dadurch gerieten, schloss indessen die Fortsetzung näherer Beziehungen nicht aus und hat auch nicht verhindert, das brandenburgische Truppen, wie im Vorjahre, mit den Sachsen unter Arnim und mit einem schwedischen Korps zu einer neuen Unternehmung gegen Schlesien zusammenwirkten, bei der für Brandenburg wohl auch Jägerndorf oder vielleicht Sagan und Glogau als Siegespreis winken mochten. Auf der anderen Seite war Wallenstein bestrebt, die beiden Kurfürsten von der schwedischen Sache zu trennen; er trat in Verhandlungen mit Arnim, ließ sich aber dadurch nicht abhalten, das feindliche Heer bei Steinau in Schlesien zu überfallen und teilweise zur Waffenstreckung zu zwingen; seine Vorhut drang schon bis nach Krossen, Frankfurt und Landsberg vor.
Da die Verhandlungen mit den Sachsen nicht zum Ziele führten, so knüpfte Wallenstein solche mit den Schweden an und suchte sich zugleich auf alle Fälle des Heeres zu versichern. Er betrat so die Bahn, die ihn zum Untergang geführt hat. Nach seiner Ermordung nahm dann die kaiserlich-spanische Kriegführung einen neuen Aufschwung, und die Schlacht von Nördlingen (September 1634) zerstörte die schwedische Machtstellung im Reich und bahnte den Weg zu einer Verständigung zwischen den protestantischen Kurfürsten und dem Kaiser.
Sachsen ging dabei voran; Kurfürst Johann Georg schloss mit dem Kaiser 1635 den Prager Frieden, der darauf berechnet war, durch Anschluss der übrigen protestantischen Fürsten die Grundlage für eine neue Reichsverfassung mit stärkerer Geltung der Kaisermacht zu bilden. Sachsen trat von der schwedischen auf die kaiserliche Seite über und verpflichtete sich, durch seine Truppen zur Vertreibung der Schweden aus Deutschland mitzuwirken, wenn die Friedensverhandlungen, die Kurfürst Johann Georg im Auftrage des Kaisers mit Oxenstjerna zu führen unternahm, ohne ein annehmbares Resultat blieben. Der Kaiser verzichtete auf die Durchführung des Restitutionsedikts, soweit Sachsen und auch Brandenburg davon betroffen wurden; der Besitzstand vom 22. November 1627 sollte maßgebend sein. Aber weder der geistliche Vorbehalt noch der Widerspruch des Kaisers gegen das Stimmrecht der protestantischen Stiftsverweser am Reichstag wurde aufgehoben; besonders bedenklich war für den Kurfürsten von Brandenburg, das die Geltung des Religionsfriedens auf die augsburgischen Konfessionsverwandten beschränkt sein sollte. Die Hauptsache war für Sachsen, dass es die beiden Lausitzen gewann, die es bisher nur im Pfandbesitz gehabt hatte, und dass der sächsische Prinz August als Administrator in Magdeburg bestätigt wurde. Eine Reichsarmee von 80.000 Mann unter dem Kommando des Kaisers und auf ihn vereidigt war bei der weiteren Ausdehnung des Bündnisses in Aussicht genommen; dem Kurfürsten von Sachsen aber war ein besonderes Kommando über sein Kontingent zugestanden worden. Für Brandenburg erhob sich nun die Frage, ob es dem Beispiel Sachsens folgen und dem Prager Frieden beitreten sollte. Das Magdeburg dem brandenburgischen Hause entrissen war, wurde sehr bitter empfunden; auch in Bezug auf die Erbschaft von Jülich und Preußen war keine Rede davon, dass Sachsen den Mitbewerb aufgab. So war man in Brandenburg zweifelhaft. Schweden kam dem Kurfürsten weit entgegen. Oxenstjerna erbot sich jetzt, Pommern nach Beendigung des Krieges zurückzugeben, wenn den Schweden dafür Magdeburg, Halberstadt und Osnabrück eingeräumt würden samt einem pommerschen Hafenplatz zur Herstellung der Verbindung mit Schweden. Unter Zustimmung Frankreichs wurden dem Kurfürsten sogar Aussichten auf Schlesien eröffnet, das die Franzosen allerdings gleichzeitig auch der Krone Polen anboten. Später verzichtete Oxenstjerna ganz auf Landerwerb und verlangte nur eine angemessene Geldentschädigung für Schweden. Darüber sollte mit dem Kurfürsten von Sachsen, dem Beauftragten des Kaisers, noch näher unterhandelt werden. Bei diesen Verhandlungen über den Reichsfrieden war Brandenburg nicht direkt beteiligt; aber es hätte indirekt einen nicht unbedeutenden Einfluss dabei ausüben können, wenn es sich vorher besonders mit Schweden verständigt hätte. Der Kanzler Götzen, der in Mainz mit Oxenstjerna unterhandelte, riet zur Annahme der schwedischen Bedingungen. Aber Georg Wilhelm war im Grund seines Herzens mehr für den Anschluss an den Kaiser als für den an Schweden. Er zog jetzt Schwartzenberg wieder heran, der zwei Jahre lang dem Hofe fern geblieben war, und schickte ihn nach Dresden, um dort über den Beitritt zum Prager Frieden zu verhandeln. Schwartzenberg machte seinen Einfluss natürlich wieder im Sinne des Anschlusses an den Kaiser geltend, wozu der Kurfürst ohnehin schon neigte. Die in Berlin weilenden Räte widersprachen nicht; die Geistlichen, die man befragte, redeten dem Frieden das Wort, ebenso die ständischen Vertreter, die man zuzog; nur verlangten diese, das zugleich auch der Friede mit Schweden geschlossen werden sollte. Aber statt nun die allgemeinen Friedensverhandlungen abzuwarten und auf ihren Gang durch seine Haltung entscheidend einzuwirken, tat Georg Wilhelm nach einem verfehlten Versuch, die Schweden schon vorher zu einer endgültigen und bindenden Erklärung in der pommerschen Frage zu drängen, aus Misstrauen und Ängstlichkeit den übereilten schritt, durch Schwartzenberg in Dresden seinen Beitritt zum Prager Frieden erklären zu lassen. Damit hatte er sich das Spiel verdorben. Die Verhandlungen über den allgemeinen Frieden zwischen Johann Georg von Sachsen und dem Kanzler Oxenstjerna gerieten bald auf einen toten Punkt, weil der Kurfürst, der ja im Namen des Kaisers verhandelte, nur eine Million Gulden an Entschädigung bewilligen wollte, während Oxenstjerna acht Millionen forderte. Jetzt drängte der Kurfürst von Brandenburg vergeblich darauf, dass man den Schweden mehr entgegen kommen solle; Sachsen hatte kein so großes Interesse daran, das Pommern für ihn gerettet wurde, obwohl es ebenso wie der Kaiser ihm Zusicherungen gemacht hatte, das er nicht bloß in der Mark, sondern auch in Pommern zu seinem Recht kommen sollte. So zerrann mit den Friedensaussichten auch die Hoffnung, dass die Schweden gutwillig Pommern räumen würden. Der einzige Vorteil, den Brandenburg von dem Prager Frieden hatte, war die Beseitigung der Furcht vor der kaiserlichen Ungnade und vor der Durchführung des Restitutionsedikts.
In dem Verhältnis der beiden Kurlande hatte jetzt Sachsen durchaus das Übergewicht. Ein Vertrag zwischen ihnen vom 6. Oktober 1635 bestimmte, dass die Oder- und Havelpässe den Sachsen in dem Kriege mit Schweden überlassen werden sollten samt der allerdings nur geringfügigen kurmärkischen Reiterei. Brandenburg sah sich selbst zu offener Feindseligkeit gegen die Schweden gedrängt: im Januar 1636 erließ der Kurfürst ein Avocatorium (Als Avocatorium oder Abberufungsschreiben (lat. Literae avocatoriae, franz. Décret de rappel) bezeichnet man eine historische, von der Staatsgewalt erlassene öffentliche Bekanntmachung, durch welche ihre im Ausland sich aufhaltenden Angehörigen zur Rückkehr in die Heimat aufgefordert wurden), das alle seine unter den schwedischen Fahnen dienenden Untertauen bei Strafe der Einziehung ihrer Güter abberief. Aber die Früchte dieser Politik blieben aus. Sobald Sachsen im Besitz von Magdeburg war, sprach man dort wieder davon, dass man die pommersche Seeküste doch wohl den Schweden werde überlassen müssen. Dann sank die militärisch-politische Geltung der Sachsen vollends durch ihre Niederlage bei Wittstock (4. Oktober 1636). Die Schweden unter Banér wurden nun wieder die Herren in der Mark, und der kurfürstliche Hof musste seine Zuflucht in Küstrin suchen. Bei diesem Versagen Sachsens sah sich Brandenburg zu noch engerem Anschluss an den Kaiser gedrängt. Anfang 1637 kam ein Abkommen zustande, wonach einige kaiserliche Regimenter aus Schlesien nach der Mark geschickt und unter brandenburgischen Oberbefehl gestellt wurden. Georg Wilhelm wurde trotz seiner Gebrechlichkeit zum kaiserlichen Generalissimus ernannt. Auch er selbst ließ nun Werbungen anstellen, um sich mit eigenen Kräften an dem Kriege gegen Schweden zu beteiligen.
In diesen neuerwachten Rüstungseifer traf nun die Nachricht vom Tode des letzten pommerschen Herzogs Bogislaws XIV., der am 20. März 1637 gestorben war. Sie diente dazu, die Antriebe zu einer kräftigen und umfassenden Kriegführung gegen die Schweden in Brandenburg noch zu verstärken. Schwartzenberg wurde jetzt wieder der allmächtige Mann am Hofe. Der Kanzler Götzen und andere seiner Gegner wurden ganz zurückgedrängt. Auf das Friedensbedürfnis der Landstände nahm man weiter keine Rücksicht; ihr Einfluss wurde jetzt bei der Staatsleitung gänzlich ausgeschaltet. Um die angeworbenen Truppen zu bezahlen, ließ Schwartzenberg unbewilligte Kontributionen erheben und unterdrückte den Widerstand, der sich hie und da bemerkbar machte, durch militärische Exekutionen. Es war eine Militärdiktatur, die er ausübte, und der Kurfürst ließ ihn gewahren. Man ging zum Angriff gegen die Schweden über und hatte auch den Erfolg, dass Banér sich nach Pommern zurückziehen musste. Aber 1638 drang er nach dem Eintreffen schwedischer Verstärkungen wieder vor und brachte die Mark in seinen Besitz. Der Kurfürst ging wieder nach Preußen und ließ Schwartzenberg als Statthalter in der Mark zurück. Es zeigte sich jetzt, dass eine Kriegführung gegen die Schweden im großen Stil, wie man sie 1637 in Brandenburg geplant hatte, ein Ding der Unmöglichkeit war. Es hätte dazu ein großes Heer und ein großer Feldherr gehört, und über beides verfügte Brandenburg nicht. Georg Wilhelm hatte sich zwar dem Kaiser gegenüber anheischig gemacht, sein Heer auf 25.000 Mann zu bringen; tatsächlich aber konnte man nicht vielmehr als 6.000 Mann zusammenhalten; denn die geworbenen Truppen schmolzen wie der Schnee an der Sonne, und der frühere sächsische General Klitzing, der den Oberbefehl übernommen hatte, schämte sich schließlich fast seiner Stellung bei dem Zustande der Truppen. Das Kommando in der Mark führte tatsächlich der kaiserliche General Gallas, und dem Kaiser waren auch die Obersten der Feldarmee vereidigt. Ein größeres Heer aber, selbst wenn man es hätte zusammenbringen können, wäre doch in den ausgesogenen Marken gar nicht mehr zu erhalten gewesen. Es hätte zu seiner Verpflegung weit ausgreifender strategischer Unternehmungen bedurft.
Schwartzenberg sah wohl ein, dass man den Bogen überspannt hatte und versuchte einzulenken. Er begann mit einer „Reduktion“ der Soldateska, von der nur etwa 4.000 Mann beibehalten wurden. Diese Truppe hätte höchstens dazu genügt, eine bewaffnete Neutralität aufrechtzuerhalten; aber zu einer solchen Veränderung des politischen Systems konnte Schwartzenberg dem Kurfürsten unmöglich raten. Dabei wurde sein Gewaltregiment immer verhasster im Lande. Die lutherische Geistlichkeit hetzte die Bevölkerung gegen ihn auf, und vielfach fanden die Schweden mehr Entgegenkommen bei Bürgern und Bauern als die kaiserlich-brandenburgische Soldateska. Im Jahre 1639 nahmen die Schweden auch Landsberg, Driesen und Frankfurt ein, so dass die Brandenburger auf ihre Festungen Spandau, Küstrin und Peitz beschränkt waren. Den Feinden konnte man nicht widerstehen, und von den Freunden hatte man keinen Nutzen. Auch der Kaiser kam jetzt — im Gegensatz zu früheren Verheißungen — zu dem Schluss, dass man Pommern wenigstens vorläufig den Schweden werde überlassen müssen, um mit ihnen zum Frieden zu gelangen. Brandenburg sollte die Kosten des Reichsfriedens bezahlen. Ein Gegner Schwartzenbergs, der von ihm verdrängte Geheimrat von Winterfeldt, schilderte Ende 1640 seinem Gesinnungsgenossen, dem damals in Hamburg weilenden Kanzler Götzen in grimmigem Humor die politische Lage mit den Worten: „Pommern ist dahin, Jülich ist dahin, Preußen haben wir wie einen Aal beim Schwanz und die Mark wollen wir auch vermarketendieren.“ In dieser traurigen Lage starb in Königsberg am 1. Dezember 1640, erst 46 Jahre alt, Kurfürst Georg Wilhelm nach langer Krankheit, als deren Hauptsymptom schließlich Wassersucht hervorgetreten war. Eine furchtbar schwierige Aufgabe harrte des Erben.